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Italienisches Gesellschaftsrecht: Haftungsklage der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer einer GmbH

Gesellschaftsrecht

Italienisches Gesellschaftsrecht: Haftungsklage der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer einer GmbH

Ein kürzlich ergangenes Urteil des Landgerichts Bologna über die Haftung von Geschäftsführern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gibt Anlass zu einigen vergleichenden Erwägungen.

Das Landgericht Bologna stellte erneut klar (Urteil vom 10.11.2023), dass eine Haftungsklage gegen die Geschäftsführer einer GmbH nicht nur von den Gesellschaftern, sondern auch von der Gesellschaft erhoben werden kann. Was für einen deutschen Juristen eine Selbstverständlichkeit sein mag, erscheint für einen italienischen Juristen fremd. Im Gegensatz zu dem, was das deutsche GmbH-Gesetz ausdrücklich vorsieht (Art. 46 GmbHG), sieht nämlich das italienische Gesetzbuch die prozessuale Aktivlegitimation der Gesellschaft nicht ausdrücklich vor, die vielmehr jedem Gesellschafter zusteht (Art. 2746 Abs. 3 des italienisches Bürgerliches Gesetzbuchs (Codice civile)). Grundsätzlich kann jeder Gesellschafter, unabhängig von der Höhe seines Geschäftsanteils und ohne dass es eines vorherigen Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedarf, eine Klage gegen die Geschäftsführer erheben, die der Gesellschaft einen Schaden zugefügt haben. Der Gesellschafter macht im eigenen Namen ein Recht der Gesellschaft geltend, was eine Form der Prozessstandschaft  darstellt.

Diese gesetzliche Regelung käme den Gesellschaftern einer deutschen GmbH zugute, da Haftungsklagen häufig durch die Notwendigkeit eines Gesellschaftsbeschlusses und den Widerstand der an der Geschäftsführung beteiligten Mitgesellschafter blockiert werden. Der Widerstand der Mitgesellschafter bedeutet nicht zwangsläufig, dass kein Gesellschaftsbeschluss herbeigeführt werden kann, da geschäftsführende Gesellschafter in der Regel aufgrund von Interessenkonflikten vom Stimmrecht ausgeschlossen sind. Vielmehr verlangt die deutsche Rechtsprechung, dass der Gesellschafter einen abweisenden Beschluss zunächst anfechten muss. Nur in Ausnahmefällen hat die Rechtsprechung diesem übermäßigen Formalismus teilweise abgeholfen, indem sie den Gesellschafter ermächtigt, im Namen der Gesellschaft unmittelbar gegen die Geschäftsführer zu klagen. In Deutschland wird diese Möglichkeit mit dem Begriff actio pro socio bezeichnet, richtiger wäre die Bezeichnung actio pro societate gewesen, da der Gesellschaft für die Gesellschaft klagt.

Die Reichweite dieser Ausnahme ist jedoch begrenzt, zuletzt hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 25.1.2022, RG II ZR 50/20) die Unzulässigkeit einer unmittelbaren Klage eines Minderheitsgesellschafters gegen einen Nichtgesellschafter-Geschäftsführer bekräftigt, da die Klagebefugnis des einzelnen Gesellschafters nur bei Klagen gegen einen Geschäftsführer-Gesellschafter besteht.

Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie scheinbar geringfügige Unterschiede in den Rechtsvorschriften die tatsächlichen Chancen zur Durchsetzung der eigenen Rechte stark beeinflussen können. Deutsche Minderheitsgesellschafter würden in vielerlei Hinsicht das italienische GmbH-Recht vorziehen.